Einer hat immer das Bummerl

Die Geschichte des Schnapsens

 

„Schnapsen lernt der nie, weil dazu braucht man ja ein Hirn“, sagte Mundl einst in der legendären TV-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ über einen unliebsamen Zeitgenossen.

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Mundl (aus Ein echter Wiener geht nicht unter) erklärt jedem, der es hören will - oder auch nicht - die Bedeutung des Schnapsens.

Und tatsächlich: Das kleinformatige Kartenspiel mit nur 20 Spielkarten ist – wenn man’s wirklich gut spielen will – weit anspruchsvoller, als es auf den ersten Blick scheint.

 

Gedächtnis, Taktik und ein bisschen Glück

Die wichtigsten Voraussetzungen, um ein „Bummerl“ zu gewinnen, sind: gutes Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit und ein bisschen taktisches Talent. Wer sich die bereits gespielten Karten merkt, hat einen immensen Vorteil und kann gegen Ende einer Runde das Blatt des Kontrahenten immer besser einschätzen und entsprechend taktieren.

Etwas Kartenglück gehört freilich auch dazu – oder wie es bei so manchem Preisschnapsen zu diesem Thema resignierend heißt: „Wenn der Piatnik nicht will, nützt das gar nichts.“

Zigtausende spielen mit ihren Freunden Woche für Woche, daheim oder im Gasthaus, oder nehmen an Turnieren teil, wie sie von zahllosen Sportvereinen und Feuerwehrverbänden das ganze Jahr über organisiert werden. Selbst in Wiens Schwimmbädern ging eine solche Turnierserie schon über die Bühne.

Der Satz „Schnapsen wir uns das aus“ hat sich im Wiener Sprachgebrauch ebenso etabliert wie die Redewendung „Aus dem Schneider sein“. Austropopper Wolfgang Ambros widmete dem Schnapsen einst sogar ein eigenes Lied mit dem Titel „I drah zua“.

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Schnapskarten sind zumindest im östlichen Österreich in fast jedem Haushalt zu finden.

Lange Erfolgsgeschichte

Dabei begann angeblich alles anno 1652 im westfälischen Paderborn, in einer Schänke mit der Adresse „Am Eckkamp Nr. 66“. Dementsprechend – und weil es Ziel des Spiels ist, durch Stiche als erster 66 Punkte zu erreichen – zählt „Sechsundsechzig“, mit seinen dem Schnapsen ähnlichen Regeln, auch in Deutschland zu den beliebten Kartenspielen.

1715 wurde das Spiel unter dem Namen „Mariage“ („Hochzeit“ – mit Bezug auf das 20er oder 40er-Ansagen mit König und Dame) im Leipziger „Frauenzimmer-Lexikon“ erstmals schriftlich erwähnt. Ähnliche Spiele finden sich übrigens auch in Spanien („Tute“), Schweden („Bondtolva“) und Russland („Tysiacha“).

Der Name „Schnapsen“ könnte daher stammen, dass in frühen Zeiten häufig um ein Getränk gespielt wurde. Wahrscheinlicher ist aber, dass sich der Begriff von „schnappen“, also mit Trumpf stechen, ableitet. Diese These vertrat zumindest die bekannte österreichische Sprachwissenschaftlerin und Mundartforscherin Maria Hornung. Auch in Ungarn spielt man „Snapszer“, in Tschechien hingegen „Mariás“.

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Egal ob der Name Schnapsen vom Schnaps oder vom Schnappen kommt - die Faszination ist geblieben.

Ein Spiel des Volkes

Schnapsen ist, was immer die Geschichte uns auch lehren mag, heute ein zutiefst österreichisches Spiel, das einfach perfekt zur Mentalität der Österreicher passt. Es ist im Grunde leicht zu verstehen, dennoch aber nicht ohne Tiefgang. 

Schnapsen bietet eine fabelhafte Gelegenheit, über das Unglück des Lebens zu lamentieren, wenn der Gegner mal wieder unerwartet zudreht und einen „Vierziger“ auf den Tisch knallt.